Montag, 18. Juli 2011

Rennen die den Jobb bewegten #2

Es ist schon ein wenig her das diese Rubrik hier ihren Anfang machte doch nun schiebe ich endlich mal wieder ein bisschen neues Material nach. Es geht um eine Etappe der Tour de France 2004, genau wie in diesem Jahr trug Thomas Voeckler das Gelbe Trikot auf seinen Schultern. Doch in der folgenden Geschichte spielt er nur eine untergeordnete Rolle.

Jens Voigt holt Jan Ullrich ein und wird von deutschen Fans beschimpft
Rennen: Tour de France – 15. & 16. Etappe (FRA) am 20.7. & 21.7.2004

Es war die 15. Etappe der Tour de France 2004 eine mittelschwere Alpenetappe die eigentlich für Ausreißer wie geschaffen war. In der üblichen Gruppe des Tages befand sich auch der deutsche Dauerausreißer Jens Voigt (Bild). Man ging davon aus das die Favoriten sich an diesem Tag ihre Kräfte ein wenig schonen würden für das Bergzeitfahren nach Alpe d´Heuz welches einen Tag drauf auf demJens Voigt Programm stand. Man rechnete höchstens mit kleineren Sekundenabständen am letzten Berg zum Ziel, der zwar kurz aber doch recht steil war. Aber es kam alles anderes.
60 Kilometer vor dem Ziel attackierte Jan Ullrich am Col de l`Echarsson und fuhr mehr als eine Minute Vorsprung raus obwohl die Teamkollegen von Lance Armstrong hinten komplett Verfolgungsarbeit leisteten. In der Armstrong Gruppe war auch noch Ivan Basso der in dem Jahr der härteste Gegner von Armstrong sein sollte. Er nahm Kontakt zu seinem sportlichen Leiter Bjarne Riis auf und dieser pfiff Jens Voigt aus der Spitzengruppe zurück. Er sollte seinen Kapitän wieder an den einzigen Deutschen Sieger der Frankreich Rundfahrt ranfahren. Tatsächlich war es Voigt der einen Großteil der Nachführarbeit machte und Ullrich 25 Kilometer vor dem Ziel wieder einholte.
Den Etappensieg holte sich am Ende Lance Armstrong der dadurch auch das Gelbe Trikot von Thomas Voeckler übernahm.
Zu dieser Zeit wurde der Radsport auch in Deutschland während der Tour de France noch großgeschrieben und erfreute sich auch zahlreicher Medienpopularität und so kam es auch das die zahlreichen deutschen Fans die am nächsten Tag am Anstieg nach Alpe d´Heuz auf die Fahrer warteten, Voigt die Aktion vom Vortag mehr als übel nahmen. Als der Berliner von der Startrampe rollte und das Bergzeitfahren in Angriff nahm ahnte er wohl noch nicht was ihn erwarten würde. Er wurde während der gesamten Fahrt von deutschen Fans auf übelste beschimpft und beleidigt. Tiernamen wurden ihm gegeben und man bezeichnete ihn als Judas. Immerhin hatte er vor 24 Stunden die größte Deutsche Tour Hoffnung um den Etappensieg sowie wichtigen Sekunden oder Minuten im Kampf um die Gesamtwertung gebracht. Das ganze war wohl eine der schwärzesten Stunden in der Karriere des Jens Voigts. Natürlich fehlten den Radsport Fans das nötige Hintergrundwissen. Voigt hat natürlich das völlig richtige gemacht, er stand im Dienste des CSC Teams und Ullrich war bei T-Mobile unter Vertrag. In der Bundesliga schenkt Schalke Dortmund ja auch nicht mal ebenso den Sieg.
Aber trotzdem interessant, den heute sieben Jahre später wäre eine solche Situation im deutschen Radsport unvorstellbar. Voigt ist mittlerweile das geworden was ein Ullrich noch 2004 war und das Interesse allgemein am Radsport hat durch die ganzen Dopingfälle und den negativen Journalismus heutzutage extrem nachgelassen. Es besuchen zwar immer noch viele Deutsche Fans die Tour de France aber sie verbinden es im Jahr 2011 wohl eher mit Urlaub, zur Ullrichs Zeiten ging es da nur um das Rennen. Eine Situation wie 2004 kann ich mir im Jahr 2011 jedenfalls von Deutschen Fans nicht mehr vorstellen. Dazu braucht man nun schon die Belgier, Spanier oder Italiener.