Dienstag, 17. Januar 2012

Der Fahrer des Jahres 2011

Das Jahr 2012 ist jetzt schon wieder gut zwei Wochen alt und in Australien wird mit der Tour Down Under schon wieder das erste große Straßenradsport Highlight des neuen Jahres veranstaltet. Ich möchte nun aber normal auf das Jahr 2011 eingehen, denn ich habe in den letzten Tagen darüber nachgedacht wer den Fahrer des Jahres 2011 war. Die meisten werden hier wohl Philipp Gilbert sagen der eigentlich die gesamte Saison über von Sieg zu Sieg fuhr. Für andere war es Tony Martin der Fabian Cancellara vom Zeitfahrtron stossen konnte. Ich habe mich dann aber für einen Fahrer entschlossen der 2011 ohne einen großen Sieg abgeschlossen hat, sich aber durch sein unglaublich Kämpferherz einen Namen auch außerhalb der Radsportwelt geschaffen hat.
Es geschah auf der neuen Etappe der Tour de France in Richtung Saint-Flour. Ein Auto des franzöischen Fernsehens wollte die Spitzengruppe überholen in der sich unter anderem Thomas Voeckler befand. Dieser sollte später das gelbe Trikot übernehmen und dieses lange auf seinen Schultern tragen und am Ende in Paris den vierten Gesamtplatz belegen. Er lieferte eine sensationelle Leistung bei den Bergetappen ab und kämpfte sich Seite an Seite mit Fahrern wie Evans, Schleck und Contador zusammen bis zu den Gipfeln. Nur ein Fahrer zeigte meiner Meinung nach während der Tour eine noch größere Leistung als der Franzose. Das oben beschriebene Auto, holte bei dem Überholversuch Juan Antonio Flecha vom Rad und diesem konnte wiederum ein gewisser Johnny Hoogerland nicht mehr ausweichen und landete kopfüber in einem Stacheldrahtzaun am Rande der Strecke. Blutüberströmend kämpfte er sich mit großem Rückstand ins Ziel. Hier wollte er eigentlich um den Etappensieg mit seinen ehemaligen Begleitern sprinten, stattdessen rollte er als einer der letzten ins Ziel. Aber er wollte es unbedingt schaffen denn er hatte sich im Laufe der Etappe ins Bergtrikot gefahren und das wollte er sich umbedingt auf dem Podium überstreifen lassen. Als es dann endlich soweit war überkamen den Niederländer die Emotionen und er lies seinen Tränen freien Lauf. Direkt nach der Siegerehrung war das Krankenhaus die nächste Stadion für Hoogerland seine Wunden mussten mit insgesamt 33 Stichen genäht werden. Aber auch das hielt Hoogerland nicht vom weiterfahren ab und er stand bei der nächsten Etappe wieder mit am Start, er hatte ja immerhin das gepunktete Trikot auf seinen Schultern. Dieses sollte er in den Alpen dann abgeben müssen, aber den Respekt hatte er sich bei allen Fans ohnehin schon verdient. Eine der Szenen der letzten Tour war für mich als Hoogerland in Alpe d´Heuz durch die berühmte "Bocht 7", die Kurve der Holländer fuhr. Schon Minuten vor seiner Ankunft hallten laute "Johnny, Johnny" Rufe durch die Zuschauerränge. Und dann kam er.
Ebenfalls wurden auf YouTube zu dieser unzählige Tribute und auch selbstgeschriebene Lieder (Klick & Klick) über Hoogerland hochgeladen. Gers Pardoel, ein berühmter niederländlischer Rapper, schrieb sogar eine eigene Version von "Ik neem je mee" für Hoogerland.
Ein Land war also kollektiv im Hoogerland Fieber und einen Tag nach dem er in Paris die Tour beendete stand er in Boxmeer beim ersten Nach-Tour-Kriterium am Start und war selbst einen Tag später war er in Stiphout der gefragteste Fahrer obwohl mit den Schleck Brüdern zwei Fahrer am Start standen die die Tour auf Platz zwei und drei beendeten hatten und selbst Mark Cavendish, Gewinner des Grünen Trikots, wirkte nur wie ein Statist neben Hoogerland.
Man sieht also das man nicht im Sieger sein muss um ein Held zu sein. Manchmal reicht es einfach nur zu kämpfen und man erhält den nötigen Respekt dafür. Hoogerland hat das 2011 gezeigt und ist deswegen für mich der Fahrer des Jahres 2011.

Donnerstag, 12. Januar 2012

Rennen die den Jobb bewegten #3

Ende Januar findet in Koksijde die Weltmeisterschaft im Cyclocross statt, viele zehntausend Zuschauer werden in dem sonst so ruhigen Küstenort erwartet. 2007 gastierte die Weltmeisterschaft zuletzt in Belgien, Hooglede Gits war damals der Austragungsort und es sollte eine der dramtischten Weltmeisterschaften der Radsport-Geschichte werden.

Erwin Vervecken holt sich seinen dritten Weltmeistertitel
Rennen: Cyclocross Weltmeisterschaft Hooglede-Gits (BEL) am 28.1.2007

Drei Männer sollten dieser Weltmeisterschaft ihren Stempel aufdrücken. Zum einen der spätere Sieger Erwin Vervecken, der US-Amerikaner Jonathan Page und der Belgier Bart Wellens (Bild).
Das die Stimmung unter den belgischen Hardcore Fans schon mehr als aufgeheißt war erkannte man als die beiden Niederländer Camiel van Bergh und Gerben de Knegt die das Feld durch die erste Runde führten und gnadenlos ausgebuht wurden. Das ersterer im Gegenzug dann seinen Mittelfinger mehrfach in Richtung Publikum zeigte heizte die Stimmung nur noch mehr an. Als dann aber relativ schnell die belgische Nationalmannschaft die Spitze übernahm, waren die Fans erstmal zufrieden gestellt. Eigentlich wie in jedem Jahr hatten die Belgier aus in Hooglede wieder ein Luxusproblem, eigentlich war schon vor dem Startschuss das klar das ein Belgier gewinnen würde die Frage sei nur wer. Top-Favorit war natürlich Sven Nys der den gesamten Saisonverlauf bis zur Weltmeisterschaft nach belieben dominiert hatte. Aber es sollte anders kommen. In der dritten Runde fuhren Nys und Bart Wellens gemeinsam an der Spitze, als plötzlich auf einem asphaltierten Abschnitt beide zu Sturz kamen nachdem ein Kameramotorrad einen Plastikabsperrhut direkt Wellens ins Rad wehte. Dieser verletzte sich bei diesem Unfall so schwer das später im Krankenhaus ein gebrochenes Handgelenk festgestellt wurde, zu Ende war die Weltmeisterschaft für ihn aber noch lange nicht. Er rappelte sich wieder auf und ging in die Verfolgung, er hatte durch den Sturz 50 Sekunden Rückstand. Nach dem Sturz hatte vorne Vervecken die Spitze übernommen und hatte eigentlich schon einen komfortablen Vorsprung als auch er ohne Fremdeinwirkung zu Sturz kam und alles wieder zusammenrollte. Es entwickelte sich ein wahrer Thriller.
Der Rennverlauf wurde weiter von Stürzen geprägt und wieder kamen sich die Belgier selbst in die Quere. Wieder wurde Sven Nys abgeräumt diesmal von Vervecken der in einer Kurve wegrutschte und Nys schlichtweg nicht mehr ausweichen konnte und drüber fiel. Für ihn war das Rennen damit auch gelaufen, es sollte am Ende nur der elfte Platz werden.
An der Rennspitze schlug derweil die Stunde der Outsider und das im Finale einer Weltmeisterschaft, es waren nicht mal mehr 1 1/2 Runden zu fahren als plötzlich Jonathan Page alleine an der Spitze des Rennens war und er packte seine Chance beim Schopfe er realisierte schnell das hier der Titel für ihn drin ist, es sollte zum Amerikaner nur noch einer aufschließen können... Erwin Vervecken der Mann für die großen Rennen oder besser gesagt der Mann für die Weltmeisterschaft. Im Gegensatz zu Sven Nys gewinnt Erwin Vervecken kaum ein Rennen im Laufe der Saison, sobald er aber bei einer WM am Start ist zeigte er sich immer in Top Form, so stand er in Hooglede-Gits auch als Titelverteidiger am Start. 2006 hatte er den Titel in Zeedam gewonnen, seinen zweiten Weltmeistertitel, und auch davor die Jahre stand Vervecken eigentlich regelmäßig auf dem WM.
Page und Vervecken sollten also um das begehrte Regenbogentrikot in der letzten Runde kämpfen und das taten die beiden auf höchstem Niveau und der Amerikaner machte es den Belgier schwer, sehr schwer. Erst als er sich kurz vor dem Ziel an einer kleinen Steigung festfuhr bleib für Page nur Silber. Vervecken holte sich seinen dritten WM Titel.
Der stärkste war er aber an diesem Tag nicht, dieser sollte vierter werden. Bart Wellens! Nach seinem Sturz hatte er sich bis auf 17 Sekunden wieder rangekämpft, eine mehr als unmenschliche Leistung bedenkt man das er nach dem Zieleinlauf seinen kompletten rechten Arm nicht mehr bewegen konnte. Ein sehr gutes Beispiel dafür welchen Stellenwert eine solche Weltmeisterschaft für die Fahrer hat und wenn das ganze noch in Belgien ausgetragen wird ist eigentlich sowie so immer Spektakel garantiert. Ob wir am letzten Januar Wochenende in Koksijde eine ähnliche Action sehen werden wie 2007 in Hooglede bleibt abzuwarten, abschließend kann man jedenfalls sagen das diese WM 2007 für immer einen besonderen Platz in der Radsport-Geschichte haben wird.